Wer zu spät kommt hat’s manchmal leichter. So sollte es sich an diesem Samstag herausstellen.
Meine Frau und ich waren durch herumtrödeln erst um 9:30 Uhr am Wanderparkplatz. Die angegebene Gehzeit über den Forstweg zur Priener Hütte (1410 m) durch den Wald war mit 2,5 Stunden angegeben.
Mit den Schneeschuhen am Rucksack machten wir uns flugs daran keine weitere Zeit zu verlieren und wanderten los.
Denn mein heutiges Ziel sollte der Geigelstein (1808 m in der Region Aschau) in den Chiemgauer Alpen werden.
Von Sachrang zur Priener Hütte in den Chiemgauer Alpen
Die Forststrasse durch den Bergwald bergauf war recht unspektakulär, hier und da waren noch ein paar Schneereste. Die Wanderung über den Forstweg im Wald, der nicht so steil ist, zog sich wie Kaugummi.
Kurz unterhalb der Priener Hütte ging’s dann aus dem Wald heraus auf flaches Almgelände, die Sonne strahlte, es war wunderbar warm und die Schneekristalle glitzerten, als ob Sie sich gegenseitig übertrumpfen wollten.
Ein herrlicher Samstagmittag zum wandern.Punkt 12:00 Uhr kamen wir auf der Priener Hütte an, die um diese Uhrzeit noch sehr wenig besucht war und somit hatten wir einen wunderbaren zugfreien Platz, mit der Hüttenwand im Rücken und wir ließen es uns gut gehen.
Wie es halt so ist, wenn es einem wo gefällt, vergaß ich die Zeit. Mittlerweilen war es 13:00 Uhr und ich wollte doch auf den Gipfel des Geigelstein.
Schneeschuhtour Priener Hütte - Geigelstein
Die Gehzeit von 1 Stunde bergauf und 1 Stunde bergab sollte realisierbar sein, dachte ich mir. Meine Frau blieb währenddessen auf der Hütte zurück und wir vereinbarten 15:00 Uhr als meinen Rückkehrzeitpunkt.
Ich schnallte mir meine Schneeschuhe unter und suchte mir eine Spur hinauf zum Gipfel.
Die Auswahl war anfangs doch recht groß. Nach der Oberkaseralm hinauf zum Sattel wurden diese weniger, da es ab hier noch andere Möglichkeiten gibt, zu umliegenden Gipfeln aufzusteigen.
Ich folgte daher der Autobahn in Richtung des Sattels zwischen Wandspitz und Geigelstein, der zuerst flache Anstieg wurde nun knackiger.
Den Geigelstein rechterhand vor Augen ging ich langsam aber stetig hinauf. Kurz nach dem Sattel, da wo die Latschen am Gipfelhang wachsen, verzweigte sich die Autobahn in ein Gewirr aus Fuß, Schneeschuh und Skispuren.
Das Gelände sondierend entschied ich mich für eine Schneeschuhspur.
Der Hang wurde steiler, felsiger und teilweise eisig. Die Lunge brannte (schöne Grüße vom Lucky), die Oberschenkelmuskulatur meldete sich auch zu Wort und so ging’s mit kurzen Pausen den steilen Gipfelhang hoch, bis zu einer vereisten Stufe.
Aufgrund meiner doch recht langen Beine, erreichte ich gerade noch die obere Kante.
In meinem Kopf kreiste der Gedanke, kann ich genug Druck aufbringen, hält das Eis? Ich sondierte daher das steile Gelände in den Latschen, beschloss die Stufe zu umgehen und fand letztendlich eine einfachere Möglichkeit.
Nun war das Gipfelkreuz des Geigelstein in Sichtweite. Vielleicht noch 10 bis 15 Minuten und ich hatte mein Ziel erreicht. Hinter mir warf ich einen kurzen Blick auf die Mühlhornwand.
Schneeschuhtour auf den Geigelstein
Am Gipfel empfängt einen linker Hand eine kleine Kapelle und geradeaus fällt der Blick auf das Gipfelkreuz aus Metall, auf dem eine Bergdohle saß.
Außer mir war bereits ein anderer Wanderer aus Aschau mit Schneeschuhen aufgestiegen, diesen bat ich noch ein paar Fotos von mir zu machen und wir hielten noch ein bisschen Smalltalk.
Währenddessen unbemerkt von uns beiden, wurden die Bergdohlen fast ein bisschen frech und zupften an den Schnürsenkeln meiner Wanderschuhe.
Anscheinend wurden diese hier oben immer wieder von Wanderern angefüttert. Scheu waren einige dieser Dohlen keineswegs, eher rotzfrech.
Abstieg vom Geigelstein zur Priener Hütte
Den Ausblick den der Geigelstein bei klaren Bedingungen zu bieten hat, ist bestimmt überwältigend, heute jedoch war die Fernsicht keineswegs mehr so gut, wie tags zuvor.
Bei klaren Bedingungen hat man bei dieser Tour wunderbare Ausblicke Richtung Süden auf das Kaisergebirge, nach Osten auf die Mühlhornwand und viele andere Berge in der Region.
So richtig konnte ich das Gipfelerlebnis auch nicht genießen, den der Blick auf die Uhr verriet, Oha, Zeitlimit überschritten.
Es war bereits 14:20 Uhr. In 40 Minuten sollte ich wieder an der Priener Hütte sein. Also noch ein paar Fotos machen, Servas gesagt und ich machte mich an den Abstieg.
Vorsichtig und konzentriert ging’s den teilweise vereisten Gipfelhang hinunter, auf dem mir bergauf noch ein Pärchen entgegenkam.
Der Gesichtsausdruck von ihr „was not amused“, Sie quälte sich mit Ihren Schneeschuhen doch ziemlich den Berg hinauf.
Ab dem Sattel hieß es dann, lass die Schneeschuhe fliegen und such dir einen unverspurten Bereich in Richtung Priener Hütte.
So in gemäßigtem Gelände schnell bergab, macht’s mit Schneeschuhen Spaß „wied Sau“.
Kurz oberhalb der Bergwachthütte kamen mir dann 2 Bergretter von der Bergwacht entgegen, die mit militärischem Gleichschritt und zügigem Tempo den Berg hinaufgingen.
Fasziniert vom Anblick der beiden, die scheinbar mühelos und sich locker unterhaltend auf dem Weg nach oben machten, dachte ich mir, 20 Jahre jünger wäre jetzt auch nicht schlecht.
Das Geräusch der Tourenski von den beiden, bleibt jedenfalls in Erinnerung. Ein schnelles und gleichmäßiges schh, schh, schh. Das Geräusch von Schneeschuhen dagegen ist eher erbärmlich und laut, dies ist eher ein langsames krch, krch, krch.
Von der Priener Hütte bergab nach Sachrang
Um kurz nach 15.00 Uhr, auf der Priener Hütte bei meiner Frau angekommen, genehmigte ich mir dann mein wohlverdientes Weizen und berichtete Ihr über mein Gipfelerlebnis.
Am Tisch saßen noch 2 Schneeschuh Tourengeher, die mich fragten, ob ich oben am Gipfel war.
Ich bejahte und Sie wollten weiterwissen, wie es mir den da oben so ergangen sei?
Gut erwiderte ich, eine kleine Stufe am Gipfelhang, die vereist war, aber ansonsten, steil und kräftezerrend halt.
Sie erzählten mir, dass Sie 1,5 Stunden früher dran waren und es bei Ihnen noch so eisig war, dass sie kurz unterhalb des Gipfelhanges in den Latschen beschlossen umzukehren.
Somit war es doch ganz gut, erst um 13:00 Uhr den Aufstieg zum Gipfel des Geigelstein unternommen zu haben.
Wer zu spät am Berg ist, hat’s manchmal leichter.
Ende eines traumhaften Wintertages
Um 15:15 Uhr brachen wir auf, machten noch ein paar Fotos und so ca. auf der Hälfte der Strecke, legten wir eine kleine Pause an einer Alm ein.
Wir genossen auf einer Bank sitzend, die letzten Sonnenstrahlen, bevor die Sonne hinter den Bergen verschwand.
Die letzte Stunde zum Parkplatz durch den Wald über den Forstweg zog sich wie Kaugummi und ich war müde. 17:15 Uhr ->Ankunft Wanderparkplatz Sachrang -> geschafft.
Ein wunderbarer Frühlingssamstag mit einer tollen Wanderung und einem Gipfelerlebnis in den Chiemgauer Alpen ging zu Ende.
Kurzübersicht der Tour
Tourenkategorie: Wandern, Winterwanderung, Schneeschuhtour, Schneeschuhwanderung
Gebirgsgruppe: Chiemgauer Alpen
Region: Aschau Priental
Talort: Sachrang 760 m
Gehzeit der Strecke (Hin & Rück): ca. 7 Stunden
Höhendifferenz der Strecke Ziel: ca. 1100 Hm
Weglänge der Strecke Gesamt: ca. 18 Km
Ausgangspunkt: Parkplatz Ortsausgang Sachrang
Schwierigkeit: leicht bis mittel
Exposition: SW
Lawinengefahr auf der Strecke: Gering, unterhalb der Mühlhornwand Abstand halten. Beachtet den allgemeinen Lawinenwarndienst.
Einkehrmöglichkeiten auf der Strecke: Priener Hütte (1410 m)